Besuch in der Produktion bei Caran d’Ache / Pastel Pencils

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Im letzten Jahr erhielt ich eine Anfrage des Unternehmens Caran d’Ache aus der Schweiz, ob ich ein paar Prototypen ihrer neuen Pastel Pencils Linie testen könnte. Daraus hat sich ein sehr netter Austausch ergeben und führte mich vor Weihnachten mit meiner Malerkollegin Susanne Mull in die Zentrale und Produktion nach Genf.

Wie im Artikel über Pigmente angedeutet, ist die Herstellung von Künstlerfarben ein komplexer Prozess. Durch die Gespräche mit den Mitarbeitern bei Caran d’Ache ist mir erst wieder bewusst geworden, wie viel Mühe und Anstrengungen es kostet ein neues Produkt zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Ich ziehe meinen Hut vor der Expertise der Chemiker und Produktions-Spezialisten. Neben einem enormen Wissen und großen Erfahrungsschatz sind ein »sich niemals zufrieden geben« wohl Voraussetzungen, um sein Ziel zu erreichen. Besonders beeindruckt hat mich das scheinbare endlose Experimentieren, bis die Pastellstifte jene Konsistenz erreichen, wie sie gewünscht wird.

Pigmente haben aufgrund ihres molekularen Aufbaus unterschiedliche Partikelgrößen und Eigenschaften. Für den Hersteller bedeutet dies, dass er nicht einfach 70 Pigmente nimmt, mit Bindemitteln vermischt und durch die Maschinenproduktion jagt. Jedes Pigment reagiert unterschiedlich und jeder Stift hat sein eigenes Rezept und seine eigene Zusammensetzung. Aber die muss ja erstmal gefunden werden und sämtlichen Anforderungen genügen: Lichtechtheit, Farbzusammenstellung des Sortiments, Zufriedenheit und Anspruch der Zielgruppe sowie der Kostenfaktor, um nur einige zu nennen. Hinzu kommt, dass sich nicht alle Pigmente für einen maschinellen Produktionsprozess eignen, weil die Minen dafür zu empfindlich sind. Ich glaube, ich werde in Zukunft mit einer anderen Ehrfurcht vor den Regalen sämtliche Anbieter stehen, die Künstlermaterialien herstellen.

Obwohl wir die gesamte Produktion besichtigt haben, möchte ich mich an dieser Stelle auf die Herstellung der neuen Pastel Pencil Linie konzentrieren.

Zuerst wird das trockene Pigmentgemisch in einem Hochgeschwindigkeitsmixer sozusagen geschleudert (funktioniert wie ein Wäschetrockner), gerade so stark, dass die Pigmentklumpen in ihre kleinsten Teile verfeinert werden, jedoch nicht so stark, dass die Pigmentstruktur zerstört wird. Es werden Bindemittel und destilliertes Wasser hinzugefügt und langsam in einem großen Behälter geknetet.

Caran d'Ache (1)

© Astrid Volquardsen, 2011

Anschließend wird der Teig in ca. 15 kg schwere Zylinder gepresst, welcher im nächsten Arbeitsschritt zu den eigentlichen Pastellminen verarbeitet wird.

Leider war die Maschine zu diesem Zeitpunkt gerade nicht in Betrieb. Für die Pastellproduktion arbeiten immer zwei Mitarbeiter zusammen. Der eine achtet auf die saubere Führung, während der zweite die Minen in einen Behälter für die weiteren Arbeitsschritte legt.
Caran d'Ache (4)

© Astrid Volquardsen, 2011

Da die Pastellminen empfindlich reagieren, werden im Behälter nur wenige gelagert und kommen zum Härten in einen Spezialofen. Dabei werden sie nur leicht erhitzt, weil gewisse Pigmente ab bestimmten Temperaturen »oxidieren« und so ihr Aussehen verändern würden. Durch langsame Drehbewegungen werden die Minen gerade, rund und leicht gehärtet.

Caran d'Ache (6)

© Astrid Volquardsen, 2011

Die Kunst bei den Pastellstiftminen liegt in der ausgewogenen Zusammensetzung von Pigment und Bindemittel. Ziel ist, dass der Teig nur so viel Bindemittel enthält wie nötig, um die typischen Eigenschaften eines Softpastells zu gewährleisten, aber so viel wie nötig, damit die Minen nicht brechen.

Während der Produktion wird sorgfältig darauf geachtet, dass alle Minen gerade sind, keine Schädigungen oder Risse aufweisen. Schadhafte Teile werden sofort aussortiert. Für den nächsten Arbeitsschritt sind homogene Minen notwendig, um in die Vertiefungen auf ein Holzbrett zu passen. In einem automatisierten Prozess erfolgt das Einlegen, Aufkleben einer weiteren Holzplatte und der Zuschnitt in einzelne Stifte.

Caran d'Ache (7)

© Astrid Volquardsen, 2011

Der nächste Produktionsabschnitt sieht erstmal recht unspektakulär aus: Das Anspitzen der Pastel Pencils. Überrascht war ich von der Vorarbeit, die in das Austüfteln dieses Arbeitsschrittes ging. Mit wenigen Griffen, möglichst effektiv und schonend musste eine Anspitzmethode gefunden und die Maschine dafür entsprechend justiert werden. Beeindruckt hat mich, mit welchen Hingabe und Genauigkeit der Mitarbeiter an dieser Maschine gearbeitet hat.

Caran d'Ache (8)

© Astrid Volquardsen, 2011

Ich muss hinzufügen, nicht nur an dieser Maschine! Alle Maschinen in diesem Betrieb sind Unikate und werden für die speziellen Produktionsprozesse angepasst. Die Mitarbeiter waren sehr freundlich zu uns, haben uns die Abläufe erklärt, bereitwillig ihre Arbeit gezeigt und unsere Neugierde und Staunen gesehen.

Abschließend erhalten die Stifte in einem Tauchbad die Farbmarkierungen auf dem Endstück sowie den Aufdruck, welcher die Farbnummern aufweist. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mir nie Gedanken gemacht, wie viel Arbeit und Tüftelei in dieses Produktteil geht. Die Farbe des Endstückes soll mit dem eigentlichen Pigment möglichst genau übereinstimmen. Kein Problem könnte man denken, die bereits vorhandene Pigmentmischung wird mit den entsprechenden Bindemitteln für Lacke versetzt. Durch die unterschiedlichen chemischen Bestandteile in den Lacken sind die Chemiker gut beschäftigt die entsprechenden Übereinstimmungen zu finden.

6 Responses

  1. Lynne
    | Antworten

    I am fascinated and will be watching with interest to hear your review on this new range.
    Cheers from Hot South Australia
    Lynne

  2. fabian lübker
    | Antworten

    Hallo Astrid,

    interessanter Beitrag, wie früher in der Sendung mit der Maus. Eine Frage habe ich noch:
    Welche Bindemittel werden denn den Pigmenten zugesetzt? Ich frage deshalb, weil es in der Nähe meiner Arbeitsstätte einen tollen Pigmentladen gibt und es mich immer in den Fingern juckt, aus diesen Pigmenten mal was zu machen, z.B. P´kreiden.

    Viele Grüße Fabian

    • Astrid
      | Antworten

      Hallo Fabian,
      die Bindemittel sind Betriebsgeheimnisse der Firmen! Ich werde einen Beitrag über Bindemittel schreiben, aber das wird noch ein bißchen warten müssen. Ansonsten gibt es bei http://www.kremer-pigmente.de eine Broschüre von Pip Seymore zu bestellen. Dort wird genau beschrieben in welchen Mengen und mit welchen Bindemitteln/Pigmenten man Pastelle selber herstellen kann.

  3. Casey Klahn
    | Antworten

    Very fascinating. I will link to this and share your report with my readers, too. Very well blogged.

    This is a fine line of pencils, and we are lucky to have the product.

  4. Loriann
    | Antworten

    Great post Astrid! thanks for taking the time to write such a complete report. I learned a lot! Hope all is well.
    PS Is Susanne the wonderful Susanne I met in Dakota?

    • Astrid
      | Antworten

      Hi Loriann,
      how nice to hear from you! Everything is fine overhere and yes, I went with the wonderful Susanne.

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