Die Lüsterklemme
Einem meiner Neurologen erzählte ich bei meinem letzten Besuch, dass ich das Gefühl hätte wieder „klarer“ im Kopf zu werden.
Er bezeichnete dies mit dem Begriff der Plastizität: Die Veränderbarkeit neuronaler Verbindungen innerhalb des Nervensystems. Also kein Neubau, sondern es kommen massenhaft Lüsterklemmen zum Einsatz.
So schön und bildhaft hat es noch niemand umschrieben.

Während der letzten Monate konnte ich feststellen, wie meine Gedanken zunehmend wieder an Fahrt aufnahmen. Davor war es doch ein ziemliches Brachland gewesen.
Nun kann meine „Sabbeltasche“ in Gedanken wieder klar ihre Funktion übernehmen, aber wenn abends mein Mann oder mein Sohn in der Tür stehen, schaltet sie mit schöner Regelmäßigkeit auf sprachlos um. Nun ja, die berühmten und berüchtigten Wortfindungsschwierigkeiten, die mit einer Aphasie daherkommen.
Es läuft halt noch nicht so rund und ist von der tagesform abhängig.
So konnte ich abends (mein Mann schlief schon) mit klar formulierten und raussprudelnden Sätzen mir Gedanken über meine kommende Ausstellung in 2020 machen und mit einem „Schläfst du etwa schon“ mich ins Reich der Träume verabschieden. Während mein Mann nun für längere Zeit mit einem „Hä“ wach da lag und nicht wusste, wie im geschah.